Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung [MAZ]
25.08.2003 VOR ORT : POTSDAM : AUF EINEN BLICK
ID: 127911

ERGEBNIS DER PDS-UMFRAGE:
WIEDERAUFBAU HAT KEINE PRIORITÄT

Jeder zweite will das Schloss

RICARDA NOWAK

Knapp die Hälfte der Potsdamer wünscht sich das Stadtschloss zurück, allerdings zählt man es nicht zu den dringendsten Aufgaben in der Stadt. Das geht aus einer Umfrage hervor, die der PDS-Kreisverband beim Stadtforschungsbüro Wallraf (Berlin/Fichtenwalde) in Auftrag gegeben hatte. Die Ergebnisse stellten die Sozialisten am Sonnabend bei ihrem 14. Sommerfest im Strandbad Babelsberg vor. Etwa 1000 Personen in 400 Haushalten hat das Büro im Juni am Schlaatz, Am Kanal, im Musikerviertel und in der Berliner Vorstadt zu 33 Einzelpunkten befragt. Man sei klingeln gegangen - insgesamt an 1600 Türen - , habe die Fragebögen abgegeben und später anonymisiert abgeholt, sagt Büro-Chef Wolfram Wallraf. Dieses Verfahren sei repräsentativ.

Für die Zukunft des Alten Marktes, dessen Zustand mehrheitlich als "absolut unbefriedigend" eingeschätzt wird, stellt sich fast jeder zweite Befragte (48 Prozent) einen Wiederaufbau des Stadtschlosses vor, weitere 19 Prozent wollen moderne Gebäude, ebenso viele eine Grünfläche an der Stelle und den Abriss des Theaters, der Rest möchte den Status quo erhalten. Von den Schloss-Befürwortern plädieren 49 Prozent für einen funktionalen Bau in Schlosskubatur mit historischer Fassade, 30 Prozent für eine originalgetreue Wiedererrichtung und 18 Prozent für einen Teil-Wiederaufbau. Allerdings lehnen 60 Prozent aller Befragten eine veränderte Verkehrsführung am Alten Markt ab. Zudem landen auf der Umfrage-Prioritätenliste Schloss und Garnisonkirche auf dem siebten von acht Plätzen. Vorrang haben die Modernisierung von Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen (Platz 1), ein belebtes Stadtzentrum durch mehr Handel und Dienstleistung (2) und verbesserte Rahmenbedingungen für die Wirtschaft (3). In der Innenstadt fehlen den meisten Befragten vor allem ein Kaufhaus und "niveauvoller Handel".

PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sieht durch die Umfrageergebnisse die Position seiner Partei bestätigt: "Wir wollen auch, dass am Alten Markt etwas passiert, aber nicht auf Kosten anderer, dringenderer Vorhaben." Der Schloss-Wiederaufbau sei angesichts angedrohter Fördermittelkürzungen Luxus. Über die Konsequenzen der Umfrage für das Kommunalwahlprogramm wird am Mittwoch der Kreisvorstand beraten.

Auf dem gewohnt bunten Festprogramm stand auch eine Gesprächsrunde zur Bewerbung Potsdams als Kulturhauptstadt Europas 2010. Hier warnte Ernst Kaltenegger, Wohnungsstadtrat in der diesjährigen Kulturhauptstadt Graz, vor "sehr hohen finanziellen Belastungen". Gleichzeitig gebe es viele Chancen: So erhielten in sozial benachteiligten Gebieten der Stadt Graz 300 Wohnungen Bäder.

Selbst die Debatte mit Bundesparteichef Lothar Bisky bewegte Genossen und Sympathisanten jedoch weniger als die hartnäckigen Regenschauer. Nur rund 1500 Besucher kamen, ein Negativrekord.

zurück